PIQUE DAME

PETER TCHAIKOWSKY

Von den zwölf Opern Tschaikowskys, sind nur Eugen Onegin, Pique Dame und Iolanta in den Spielpläne der westlichen Opernhäuser anzutreffen. Das Festspielhaus Baden-Baden kann sich rühmen selten gespielte Werke des Komponisten wie die Zauberin und Mazeppa aufgeführt zu haben.

Die Neuinszenierung von Pique Dame, im Rahmen der Osterfestspiele der Berliner Philharmoniker, unter der Leitung von Kirill Petrenko setzt hier Masstäbe.

Die Inszenierung wurde dem Team Moshe Leiser und Patrice Caurier anvertraut; das Bühnenbild von Christian Fenouillat, die Kostüme von Agostino Cavalca und die Lichtregie von Christophe Forey fügten sich ganz in das Konzept der Inszenierung ein.

Die ganze Handlung wurde von der Epoche Katharina der Grossen in das Ende des 19.Jahrhundert versetzt. Ein Teil der Handlung spielt sich in einem Luxusbordell ab, und zeigt, in krassen Zügen, wie die Frau nur ein Objekt der Begierde der Männer ist, ob in den aristokratischen Kreise oder in einem Freudehaus. Diese Sozialkritik nähert sich mehr der Welt Dostoiewkys als der Pouchkines.

Akzeptiert man diese Vision, kann man nur die Klarheit der Inszenierung , spannend wie ein Krimi und die fabelhafte Personenführung loben. Die Charaktere werden Menschen aus Fleisch und Blut und man kann nur Mitgefühl für sie empfinden.

Rein musikalisch kann man sich keine bessere Interpretation wünschen. 

Hermann, wird von Arsen Soghomonyan ideal verkörpert. Seine wuchtige, aber auch duktile Tenortimme wird jeder der Nuancen der Partie gerecht. Darstellerisch ist er auf dem selben Niveau und man kann hautnah sehen wie sein Wahnsinn sich fortwährend bis zum Selbstmord steigert.

Ihm ebenbürtig, Vladislav Sulimsky als Graf Tomski der die Ballade der Drei Karten im ersten sowie das Strophenlied im dritten Aufzug brillant darträgt.

Der edle Baryton von Boris Pinkhasovich scheint für die rührende Liebes erklärung des Fürsten Jeletzki wie gemessen, ein Höhepunkt des Abends, wenn sie auch zur Vergewaltigung von Lisa führt.

Die Besetzung von allen anderen Männerrollen kann als ideal gelten.

Die Sängerinnen sind auf dem selben, grossartigen Niveau. 

Elena Stikhina, die schon an den grössten Opernäusern der Welt Gast war, setzt ihre grosse, strahlende Stimme in die Rolle der Lisa ein. Sie besticht sowohl in der strahlenden Höhe wie in den zartesten Nuancen.

Aigul Akhmetshina macht aus der Rolle der Polina, ein wahres Kabinetstück. So wurde ihr Duett mit Lisa im ersten Auzug, einer der musikalischen Höhepunke des Abends. Ihr schlanker, wunderschön timbrierter Mezzo und ihr anmutiges Erscheinen warfen einen Hauch von Licht in die düstere Handlung. 

Die Rolle der Gräfin wurde von Doris Soffel souverän gestaltet. Sie sang die Arie aus Grétrys Richard Löwenherz mit einem verblüffenden Nuancereichtum und überzeugte auch spielerich, besonders am Ende des zweiten Aufzugs, als sie den im Original vorgesehenen Auftritt der Tzarin Katharina, auf burlesker Manier übernimmt.

Margarita Nekrasova setzt ihren wuchtigen Alt in der Partie der Gouvernante ein.

Kirill Petrenko, mit den fabelhaften Berliner Philharmonikern, bewies dass er dieses Repertoire liebt und dirigierte das Werk enthusiastich. 

Der Slovakische Phiharmonische Chor und der Cantus Juvenum Chor leisteten Grossartiges. Unvergesslich der Männerchor a capella, nach dem Selbstmord Hermanns.

Eine Sternstunde am Himmel der russischen Oper.

Jean-Claude HURSTEL

FESTSPIELHAUS BADEN-BADEN  OSTERFESTSPIELE
12. APRIL 2022